Biofilme – Eigenschaften, Vorkommen und Gefahren
Biofilme sind mikrobielle Gemeinschaften, die sich auf feuchten Oberflächen bilden und sowohl technische als auch gesundheitliche Probleme verursachen können.
1. Was sind Biofilme?
Biofilme sind komplexe Ansammlungen von Mikroorganismen, die sich an nahezu jeder feuchten Oberfläche bilden können. Diese Mikroorganismen – darunter Bakterien, Pilze, Algen und Einzeller – sind eingebettet in eine von ihnen produzierte schleimige Matrix aus Polysacchariden, Proteinen und Nukleinsäuren. Diese Matrix schützt die Gemeinschaft vor äußeren Einflüssen und ermöglicht ein effizientes Zusammenleben.
Anders als frei im Wasser schwimmende Mikroben leben Biofilmbewohner in einer stabilen Gemeinschaft, die durch symbiotische Beziehungen geprägt ist. Dabei unterstützen sich die verschiedenen Arten gegenseitig durch Nährstoffaustausch, Schutzmechanismen und Kommunikation. Diese komplexen Systeme können sehr widerstandsfähig gegenüber Umweltstressoren sein und sind somit in vielen technischen und natürlichen Umgebungen schwer zu beseitigen.
2. Bedingungen für das Wachstum von Biofilmen
Die Bildung von Biofilmen setzt das Vorhandensein von feuchten Oberflächen sowie günstige Umweltbedingungen voraus. Besonders in Rohrleitungssystemen, Wasserbehältern oder feuchten Maschinenräumen entstehen ideale Voraussetzungen durch ständigen Wasserkontakt, moderate Temperaturen und ausreichend Nährstoffe.
Zusätzlich profitieren Biofilme von einer Vielzahl an Oberflächenmaterialien, auf denen sie sich ansiedeln können – von Metallen über Kunststoffe bis hin zu Beton oder Glas. Die Fähigkeit der Biofilme, sich an unterschiedlichsten Materialien zu befestigen und sich durch Zellteilung sowie Ausbreitung weiterzuentwickeln, macht sie zu einem dauerhaften Problem in wasserführenden Systemen.
Die schleimige Matrix, in der die Mikroorganismen eingebettet sind, schützt sie nicht nur vor mechanischer Abtragung, sondern auch vor chemischen Einflüssen wie Desinfektionsmitteln oder schwankenden pH-Werten. Dadurch sind Biofilme oft resistent gegenüber herkömmlichen Reinigungsmaßnahmen.
3. Korrosion durch Biofilme
Biofilme können maßgeblich zur Korrosion von Materialien beitragen – ein Phänomen, das als mikrobiologisch induzierte Korrosion (MIC) bekannt ist. Bestimmte Bakterienarten, insbesondere sulfatreduzierende Bakterien, produzieren Stoffwechselprodukte wie Schwefelwasserstoff, die metallische Oberflächen angreifen und schädigen.
Die Schäden durch MIC führen zu Materialverlust, Funktionsstörungen und können die Lebensdauer von technischen Anlagen erheblich verkürzen. Gerade in der Wasser- und Energieversorgung entstehen dadurch hohe Wartungs- und Reparaturkosten. Ältere Biofilme weisen oft eine vielschichtige Struktur auf, bei der lebende Mikroorganismen an der Oberfläche aktiv sind, während tiefere Schichten aus toter Biomasse bestehen.
Darüber hinaus sind Biofilme häufig Ausgangspunkt für die Ansiedlung weiterer mikrobieller Gemeinschaften, die zusammen einen sogenannten „Biofilmkomplex“ bilden, welcher die Korrosionsprozesse noch verstärkt und schwerer kontrollierbar macht.
4. Gesundheitsrisiken durch Biofilme
Biofilme können eine gefährliche Quelle für Krankheitserreger darstellen, da sie pathogenen Mikroorganismen als Lebensraum und Schutz bieten. So können beispielsweise Legionellen innerhalb von Biofilmen in Wasserleitungen überleben und sich vermehren. Besonders problematisch ist, dass einige Keime sich in Einzellern wie Amöben verstecken können, wo sie vor Desinfektionsmaßnahmen geschützt sind und sich ungehindert vermehren.
Sobald diese Wirtszellen platzen, werden große Mengen an Krankheitserregern freigesetzt, die über Aerosole oder Kontakt das Infektionsrisiko für Menschen erhöhen. Insbesondere in Krankenhäusern, öffentlichen Gebäuden oder Industrieanlagen mit Wasserkreisläufen ist daher die Überwachung und gezielte Bekämpfung von Biofilmen von hoher Bedeutung, um gesundheitliche Risiken zu minimieren.
5. Extrem widerstandsfähige Lebensformen
Mikroorganismen in Biofilmen sind häufig extremen Umweltbedingungen ausgesetzt und haben sich entsprechend angepasst. Sie können Temperaturschwankungen von unter -12 °C bis über 110 °C tolerieren, überleben in stark sauren oder alkalischen Umgebungen (pH-Werte von 0 bis über 13) und sind gegen hohe hydrostatische Drücke und hohe Salzkonzentrationen resistent.
Diese bemerkenswerte Anpassungsfähigkeit erklärt, warum Biofilme selbst in extremen Umgebungen vorkommen – beispielsweise in heißen Quellen, radioaktiven Umgebungen oder hochkonzentrierten Desinfektionsmittelleitungen. Zudem können sie an einer Vielzahl von Materialien haften, von Metallen über Kunststoffe bis hin zu pflanzlichen und tierischen Geweben.
6. Bekämpfung und Kontrolle von Biofilmen
Aufgrund ihrer Widerstandsfähigkeit stellen Biofilme eine große Herausforderung für die Wasser- und Anlagentechnik dar. Eine wirksame Bekämpfung erfordert oft eine Kombination aus mechanischer Reinigung, chemischer Desinfektion und präventiven Maßnahmen, um Neubildung zu verhindern.
Dabei ist es entscheidend, die spezifischen Mikroorganismen im Biofilm zu identifizieren, um gezielt darauf eingehen zu können. Nur mit diesem Wissen lassen sich geeignete Desinfektionsmittel auswählen und die optimalen Reinigungsintervalle planen.
Langfristig helfen auch technische Innovationen wie biofilmbeständige Materialien oder spezielle Filter- und Überwachungssysteme, die Bildung von Biofilmen zu minimieren und damit sowohl Korrosionsschäden als auch gesundheitliche Risiken zu reduzieren.