Biofilm – unsichtbare Gefahr mit starkem Korrosionspotenzial
Biofilminduzierte Korrosion ist eine spezielle Form der Werkstoffschädigung, bei der Mikroorganismen eine zentrale Rolle spielen. Während Korrosion lange Zeit ausschließlich mit metallischen Oberflächen in Verbindung gebracht wurde, zeigen aktuelle Erkenntnisse, dass auch Kunststoffe betroffen sein können. Besonders in Warmwasserzirkulationssystemen und komplexen Rohrnetzen stellt diese Form der Korrosion ein wachsendes Risiko dar.
1. Entstehung und Bildung von Biofilmen
Biofilme entstehen, wenn Mikroorganismen sich auf feuchten oder dauerhaft benetzten Oberflächen ansiedeln. Die Keime stammen häufig aus dem Rohwasser und finden in Rohrleitungen, Armaturen und Behältern ideale Bedingungen zur Vermehrung. Begünstigt durch geeignete Temperaturen und Nährstoffe bildet sich eine schleimartige Matrix, in der sich die Mikroorganismen zu komplexen Gemeinschaften organisieren.
Innerhalb eines Biofilms herrscht ein ausgewogenes Gleichgewicht verschiedener Bakterienarten, die sich gegenseitig stabilisieren. Die Mikroorganismen können sich im System verteilen und an neuen Stellen weitere Kolonien bilden. Es wird geschätzt, dass bis zu 99 % der Keime in einem Verteilungssystem nicht im Wasser, sondern in Biofilmen leben.
2. Chemische Prozesse und Korrosionsmechanismen
Biofilme beeinflussen nicht nur die mikrobiologische Wasserqualität, sondern auch die chemischen Eigenschaften der Umgebung. Insbesondere sulfatreduzierende Bakterien wie Desulfovibrio vulgaris tragen zur Korrosion bei. Diese Mikroorganismen nutzen Sulfate als Elektronenakzeptoren und wandeln sie unter Sauerstoffausschluss in Schwefelwasserstoff um.
Der dabei entstehende Schwefelwasserstoff reagiert mit Eisenionen und führt zur Bildung von schwarzem Eisen(II)sulfid:
Fe2+ + HS− → FeS + H+
3 Fe2+ + 6 H2O → 3 Fe(OH)2
Dieser Prozess ist nicht nur durch die Schwarzfärbung sichtbar, sondern auch am charakteristischen Geruch von Schwefelwasserstoff erkennbar. Die Korrosion tritt bevorzugt in sauerstoffarmen Bereichen auf, z. B. in Totsträngen oder schlecht durchströmten Leitungen.
3. Korrosion an Kunststoffen
Neuere Untersuchungen zeigen, dass auch Kunststoffe von biofilminduzierter Korrosion betroffen sein können. Bestimmte Mikroorganismen nutzen Weichmacher und andere organische Verbindungen in Kunststoffen als Nährstoffquelle. Dies führt zu einem schleichenden Abbau der Materialstruktur.
Die Folge: Der Kunststoff wird porös, verliert an Stabilität und kann spröde oder rissig werden. Besonders in Trinkwasser- oder Heizsystemen kann dies zu erheblichen technischen und hygienischen Problemen führen.
4. Vorbeugung und Bedeutung für die Praxis
Um biofilminduzierter Korrosion vorzubeugen, ist eine regelmäßige Wartung und Reinigung von Rohrleitungssystemen entscheidend. Auch eine kontinuierliche Überwachung der Wasserqualität und gezielte Maßnahmen wie Spülungen, thermische Desinfektionen oder der Einsatz geeigneter Materialien können helfen.
Besonders in der Industrie, in Krankenhäusern oder öffentlichen Bädern, wo hohe Hygienestandards gelten, sollte dem Thema besondere Beachtung geschenkt werden. Denn: Die Folgen biofilminduzierter Korrosion reichen von wirtschaftlichen Schäden bis hin zu Gefährdungen der Gesundheit.